PROPAK LOUNGE
Wirtschaftswachstum: Stop or Grow?
Vor welchen Herausforderungen steht der Standort Österreich und welche Reformen sind jetzt dringend notwendig? Dazu war Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria, zu Gast in der PROPAK Lounge.
Unsere Wirtschaft ist auf Wachstum aufgebaut. Aber dieses Wachstum ist derzeit nicht in Sicht. Der Wirtschaftsstandort Österreich steht unter Druck. Hohe Inflation, und eine gewerkschaftliche Politik des vollen Teuerungsausgleichs belasten die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie. Zusätzlich verschärfen Konsumzurückhaltung und wachsende (Umwelt-)Bürokratie die Situation.
Die wirtschaftliche Lage hat sich nicht nur in Österreich, sondern auch weltweit merklich eingetrübt. Vor diesem Hintergrund hat Fachverbandsobmann Georg Dieter Fischer die Direktorin von EcoAustria, Monika Köppl-Turyna als Guest-Speaker zur PROPAK Lounge eingeladen.
„Wir wissen, dass uns die Rezession plagt“, sagt PROPAK-Obmann Georg Dieter Fischer vor rund 40 Vertreter:innen der Branche. „Trotz grüner DNA und einem enormen Innovationspotenzial hinterlässt die aktuelle Entwicklung auch deutliche Spuren in unserer Industrie!“
EcoAustria Direktorin Monika Köppl-Turyna gab zunächst einen Überblick auf die aktuelle Konjunktur für 2024 und beleuchtete anschließend die Herausforderungen für die PROPAK Industrie. „In der Herbst-Prognose ist man bei den öffentlichen Ausgaben in Österreich noch von einem Maastricht-Defizit von 3,7 Prozent ausgegangen, der Fiskalrat spricht derzeit von einem Defizit von 3,9 Prozent,“ so Köppl-Turyna. Für die Wirtschaftsforscherin ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit, speziell in der Industrie ebenso besorgniserregend. „Wenn die Kosten weiter so steigen, wird man in der Produktion die Arbeitskräfte nicht mehr weiter halten können“, so die Chef-Ökonomin.
Hoch über den Dächern von Wien gab Monika Köppl-Turyna exklusive Einblicke in die Herausforderungen für die PROPAK Branche, „Die Lohnstückkosten in der Papierverarbeitenden Industrie haben sich in Österreich massiv von anderen Ländern entkoppelt, vor allem durch die Energiekrise und die steigenden Löhne. Das führt dazu, dass der Wirtschaftsstandort für Investitionen unattraktiv wird.“ Und weiter: „Die Arbeitskosten sind in Österreich spürbar stärker gestiegen als in der EU.“
Arbeitskäftepotenziale heben
Auf die Frage, wie hat sich der Arbeitsmarkt entwickelt, analysiert die Ökonomin: „Die Menschen arbeiten heute weniger als früher. Waren es im Jahr 2004 bei Frauen und Männern im Durchschnitt 36 Stunden, so sind es im Jahr 2024 mittlerweile nur mehr 30 Stunden pro Woche.“ Und wie wird es in der Zukunft sein? Hier plädiert Monika Köppl-Turyna dringend für grundsätzliche Reformen, speziell im Arbeitsmarktbereich, um einem dauerhaften Standortnachteil entgegenzuwirken.
Bei der Bevölkerungsentwicklung für die nächsten Jahrzehnte – bis 2060 – geht die Wirtschaftsforscherin davon aus, dass rund 30.000 arbeitsfähige Menschen pro Jahr nach Österreich kommen werden. Im gleichen Zeitraum wird die Anzahl der über 65-Jährigen in Österreich auf eine Million steigen. Wenn das Arbeitskräftepotenzial nicht gehoben wird, wenn also keine Migration nach Österreich stattfindet, dann würde sich in diesem die Arbeitskräftezahl von derzeit 5,2 auf 3,7 Millionen Menschen senken. Es gilt also, das Arbeitskräfte-Potenziale zu heben, so EcoAustria-Chefin Köppl-Turyna.
Die Auswirkungen der US-Wahl auf Europa
Aufgrund der aktuellen Wiederwahl von Donald Trump skizziert die Wirtschaftsforscherin die Folgen für Europa. Die Standortpolitik wird unter einem US-Präsidenten Trump massiv fortgesetzt werden, insbesondere werden Steuererleichterungen für amerikanische Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit Europas weiter unter Druck setzen. Neben den viel diskutierten Zöllen ist eine Reihe weiterer Handelsbarrieren zu erwarten, wie unterschiedliche Standards, Investitionskontrollen und Exportkontrollen. Übrigens wären mit ähnlichen Entwicklungen auch unter einer Präsidentin Harris zu rechnen gewesen, so Köppl-Turyna. „Für Europa ist der Export wesentlich wichtiger als für die USA, einfach, weil unsere Märkte kleiner sind.“
Es ist jetzt hoch an der Zeit, den Weckruf zu hören, und deutliche Standortreformen anzugehen, so Köppl-Turyna. „Denn solange große Verunsicherung herrscht und wenig Vertrauen in die weitere Entwicklung des Standorts, wird auch der Konsum nicht anspringen.“
In der anschließenden Diskussion wurden die wirtschaftlichen Herausforderungen für die Papierverarbeitende Industrie angeregt diskutiert. Obmann Georg Dieter Fischer schloss die PROPAK Lounge mit einem dringenden Appell an eine künftige Bundesregierung in Österreich „Ohne einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel werden wir aus dem Konjunkturtal nicht herauskommen. Bürokratieabbau und Lohnnebenkostensenkung sind jetzt hoch an der Zeit!“
PROPAK Geschäftsführer Martin Widermann erklärt die Intention der Veranstaltung: „Mit der PROPAK Lounge bieten wir unseren Mitgliedern Austausch mit exzellenten Wirtschaftsforschenden und Raum für Diskussion und Vernetzung. Mit Frau Prof. Köppl-Turyna hatten wir eine der profiliertesten Ökonom:innen des Landes zu Gast, die topaktuelle Einblicke in den Wirtschaftsstandort geben konnte.“
Fotos von der PROPAK Lounge
© com_unit/Martin Hörmandinger